Baumwolle & Textilien

Kleidung geht uns buchstäblich hautnah. Es ist selbstverständlich, dass sie sich gut anfühlen soll. Genauso selbstverständlich sollte es sein, dass die Menschen, die unsere Kleidung herstellen, angemessen dafür bezahlt werden und die Produktion unter umweltfreundlichen Bedingungen stattfindet. Leider ist es bis dahin noch ein weiter Weg. In mehreren Projekten rund um den Globus setzen wir uns dafür ein, dass Landwirt*innen weniger Pestizide oder synthetischen Dünger nutzen und dass Textilarbeiter*innen unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen arbeiten dürfen.
Eine Kleinbäuerin erntet Baumwolle auf einem Feld.

Herausforderungen

Soziale, wirtschaftliche und ökologische Probleme in der Textilproduktion

Baumwolle wird in rund 80 Ländern angebaut, mehr als 100 Millionen Haushalte auf der ganzen Welt sind direkt mit ihrem Anbau beschäftigt. Die meisten dieser Menschen sind Kleinbäuer*innen, die die Pflanze auf Parzellen von weniger als 2 Hektar anbauen. Baumwolle ist ein wichtiger Rohstoff für die Textilindustrie und macht etwa 30 % aller in diesem Sektor verwendeten Fasern aus.

Der konventionelle Baumwollanbau hat häufig negative Auswirkungen auf die Umwelt. Zurückzuführen ist das auf den Missbrauch von Pestiziden, Düngemitteln und Wasser. Zu den sozialen Herausforderungen zählen schlechte Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und in manchen Ländern sogar Zwangsarbeit.

Die schwankenden Preise sowie die internationalen Strukturen des Welthandels gefährden regelmäßig das Einkommen der Kleinbäuer*innen. Die Bekleidungsfabriken und die Arbeiter*innen sind zwischen schwankenden Rohstoffpreisen und stagnierenden Einzelhandelspreisen gefangen.

Die Umweltauswirkungen des Färbens und Veredelns bei der Herstellung von Kleidungsstücken und Textilien sind enorm. Ineffiziente und nicht nachhaltige Praktiken bedeuten, dass Wasser, Energie und Chemikalien in unverantwortlicher Weise eingesetzt werden und immense Verschmutzungen und Gesundheitsrisiken verursachen, die sich auf die Arbeitnehmer*innen, die Umwelt und die Gemeinden auswirken.

Die Textilindustrie ist bekannt für ihre schlimmen Arbeitsbedingungen. Oft sind Sicherheitsstandards in den Fabriken nicht vorhanden oder mangelhaft, Unfälle und Feuer kommen immer wieder vor. Oft sind sogar die Gebäude selbst unsicher und drohen sogar einzustürzen, wie 2013 Rana Plaza. Hinzu kommen nicht selten exzessive Überstunden, Schuldknechtschaft und Zwangsarbeit, Einschränkung der Vereinigungsfreiheit und niedrige Löhnen, die die ohnehin schon weit verbreitete Armut noch verstärken.

Es ist schockierend, dass drei Viertel der nachhaltigen Baumwolle immer noch als konventionelle Baumwolle verkauft wird. Aufgrund mangelnder Nachfrage verkaufen Bäuer*innen den Großteil ihrer nachhaltigeren Produkte als konventionelle Baumwolle. Wenn die gescheiterten Marken ihre Verantwortung ernst nehmen würden, wäre dies kein Problem.

Isabelle Roger, Global Cotton Programme Manager, Solidaridad Network

Lösungen

Inklusion aller Stakeholder*innen in die Lieferkette 

Solidaridad schult und unterstützt Baumwollbäuer*innen dabei, beim Baumwollanbau weniger Pestizide, synthetische Düngemittel und Wasser zu verwenden und menschenwürdige Arbeitsbedingungen einzuhalten. Des Weiteren arbeiten mit unter anderem mit Unternehmen zusammen, um eine gute Infrastruktur zu schaffen und gemeinsam marktorientierte Ansätze zu entwickeln, die es den Bäuer*innen ermöglichen, Baumwolle nachhaltig zu produzieren und zu verkaufen. Wir glauben, dass Nachhaltigkeit in den wichtigsten Produktdesign-, Entwicklungs- und Einkaufspraktiken für Unternehmen langfristig attraktiv sind, da Ressourceneffizienz, Kosteneinsparungen und eine zufriedene und geachtete Belegschaft oft Hand in Hand gehen.  

Kleinbauer in Mozambique hält Baumwolle in der Hand.

Wir schulen Landwirt*innen in guten landwirtschaftlichen und industriellen Praktiken. Wir informieren sie über einen guten Umgang mit Wasser, um gleichzeitig ihre Produktion zu verbessern und die Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. Wir arbeiten mit verarbeitenden Unternehmen, die sogenanntes “wet processing” betreiben, an einem besseren Wasser-, Energie- und Chemikalienmanagement. Mehr dazu in unserem wet processing book.

Wir engagieren uns für eine menschenwürdige Arbeit in den Textilfabriken und auf den Baumwollfarmen. Wir setzen uns für faire Löhne, einen Dialog zwischen den Akteur*innen und für eine gleichberechtigte Rolle der Frauen in der Baumwollproduktion und im Rahmen der kleinbäuerlichen Familienbetriebe (Stufe 1 und 2 der Bekleidungsproduktion) ein.

Wir testen neue Innovationen, Technologien und Lösungen mit Unternehmen und lokalen Partner*innen, die durch die Entwicklung von Pilotprojekten nachhaltige Produktionslösungen für lokale Fabriken beschleunigen. Dies kann beispielsweise mit der Förderung zirkulärer Geschäftsmodelle einhergehen – also die Reduzierung von Abfällen aus Fabriken (z. B. chemische Rückstände) durch die Förderung neuer Recyclingoptionen.

Wir arbeiten mit Bäuer*innenverbänden und Kooperativen zusammen und unterstützen sie bei der Vorbereitung auf die Zertifizierung nach einem der Nachhaltigkeitsstandards (Bio, Better Cotton, Cotton Made in Africa). So können sie in Zukunft der Marktnachfrage gerecht werden. Außerdem sind wir Teil der Initiative “Social & Labor Convergence”, um so auf eine echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen hinzuwirken.

Unser Ziel ist es, Landwirt*innen, die nachhaltig produzieren, mit dem Markt in Verbindung zu bringen. Wir arbeiten daran, die Nachfrage nach nachhaltig produzierter Baumwolle stetig zu steigern, indem wir mit Einzelhändler*innen, Marken und deren Lieferant*innen zusammenarbeiten. Wir verfolgen zudem Partnerschaften mit Initiativen wie Sustainable Apparel Coalition (SAC), Zero Discharge of Hazardous Chemicals (ZDHC), Better Cotton Initiative (BCI), Stockholm International Water Institute (SIWI), Cotton Made in Africa (CMiA) und QuizRR.

Ein wirksamer Multi-Stakeholder-Dialog ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Wir bieten Unternehmen regelmäßig die Plattform, sich in solchen Dialogen auszutauschen und ermutigen Stakeholder*innen, ihre Erfahrungen miteinander zu teilen. So trägt Solidaridad dazu bei, ein gemeinsames Verständnis für die ökologischen und sozialen Fragen innerhalb der Lieferkette zu entwickeln.

Wir unterstützen Marken bei ihrer Sorgfaltspflicht, indem wir unser Wissen, unsere Erfahrung und unser Netzwerk für ihre Risikobewertung und die Entwicklung von Richtlinien zur Verfügung stellen. Unsere Lösungen können im Due-Diligence-Zyklus eingesetzt werden, wenn Marken daran arbeiten, wie sie die Risiken in ihrer Lieferkette verhindern, mindern und beseitigen.

Staatliche und sektorale Institutionen haben die Aufgabe, Nachhaltigkeit auf regionaler, nationaler, landschaftlicher oder sektoraler Ebene zur Norm zu machen. Dies ist wichtig für den Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschaft, in der alle Akteur*innen gleichwertig behandelt werden und ein “level playing field” geschaffen wird. Daher arbeiten wir am (lokalen) Kapazitätsaufbau von Interessengruppen, z. B. NGOs, Regierungen und Berater*innen. Wir arbeiten mit Regierungsbehörden zusammen, um sicherzustellen, dass die eingeleiteten Prozesse sowohl in bestehende Geschäftspraktiken eingebettet sind als auch auf die gesamte Branche ausgeweitet werden.

Wie wir als Bürger*innen konsumieren hat Einfluss auf Regierungen und Unternehmen. Wenn sich also Millionen Menschen für nachhaltige Mode entscheiden, hat das langfristige Auswirkungen. Deshalb klären wir die Verbraucher*innen in Deutschland über nachhaltige Mode auf. Wir sammeln beispielsweise Unterschriften für einen fairen Lohn für Textilarbeiter*innen oder machen auf Nachhaltigkeitsrankings wie “Good on You” aufmerksam. 

Mit der Bio-Baumwoll-Initiative in unserem Land sind Praktiken wie die Herstellung von Bio-Kompost wieder im Kommen und haben sich als sehr hilfreich erwiesen, da sie frei von Chemikalien sind und keine zusätzlichen Ausgaben für Betriebsmittel erfordern.

Roopraj Wamanro Milmile, Baumwollfarmer, Yavatmal, India

UNSERE PROJEKTE

Ein Mann hält eine große Menge Baumwolle in den Händen

BOTTOM UP!

Äthiopien gilt seit einigen Jahren als das vielversprechende Land für die Zukunft der Textilbranche. Doch auch hier führt der Wettbewerb um niedrige Preise zu einer Abwärtsspirale. Mit der Folge, dass viele Arbeitnehmer*innen zu niedrige Löhne erhalten. Gleichzeitig leidet die Umwelt unter billigen Herstellungs- und Anbaumethoden. Mit Mitteln der Europäischen Union und einer Kofinanzierung des niederländischen Außenministeriums, entwickelten wir von Solidaridad gemeinsam mit unseren Partnern MVO Niederlande und Etisk Handel das Programm “Bottom Up” für eine nachhaltigere Baumwoll- und Textilindustrie in Äthiopien. Darin unterstützen wir Bekleidungsfabriken bei der besseren Trennung ihrer Abwässer. Wir klären Manager*innen in den Fabriken über die Arbeitsrechte der Beschäftigten auf und informieren sie über die besonderen Herausforderungen, denen weibliche Beschäftigte ausgesetzt sind. Zeitgleich setzen wir auf einen verbesserten Zugang zu qualitativ hochwertigem Saatgut für Baumwollbäuer*innen. Und wir setzen uns für eine solidarische Gesetzgebung und wirkungsvolle Maßnahmen seitens der Unternehmen ein.

Das Projekt Bottom Up ist seit dem Jahr 2023 abgeschlossen.

Illustrierte Grafik von diversen Menschen.

GOOD CLOTHES, FAIR PAY

Das Recht auf einen existenzsichernden Lohn ist ein von den Vereinten Nationen anerkanntes grundlegendes Menschenrecht. Doch die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in der Bekleidungs- und Textilindustrie auf der ganzen Welt verdient sehr niedrige Löhne, viele von ihnen sind in Armut gefangen, obwohl sie arbeiten. Das wollen wir nicht länger hinnehmen und sammeln 1 Million Unterschriften von EU-Bürger*innen. 

Hilf uns, die Textilproduktion noch nachhaltiger zu gestalten!