Was ist Pflanzenkohle – und woraus besteht sie?
Auch wenn Pflanzenkohle auf den ersten Blick aussieht wie herkömmliche Holzkohle, geht ihre Funktion doch weit über das hinaus, was wir zum Grillen verwenden. Die Unterschiede zeigen sich bereits bei der Herstellung. Pflanzenkohle entsteht durch die sogenannte Pyrolyse: organisches Material – etwa Erntereste oder landwirtschaftlicher Abfall – wird unter Sauerstoffausschluss erhitzt. So entsteht ein kohlenstoffreiches, stabiles Material, das CO₂ langfristig bindet (bis zu über 100 Jahre).
Wird Pflanzenkohle sachgerecht auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht, verbessert sie die Bodenfruchtbarkeit, steigert die Fähigkeit des Bodens, Wasser zu speichern, unterstützt nachhaltige Landwirtschaft und trägt zur Anpassung an den Klimawandel bei.
Neben den bekannten Vorteilen – wie höheren Erträgen und CO₂-Reduktion – schafft sie zudem Mehrwert aus landwirtschaftlichen Reststoffen und fördert lokale Initiativen und Unternehmertum.
Erfahre mehr darüber, wie Pflanzenkohle den Planeten verändern kann:
1. CO₂-Speicherung: Pflanzenkohle bindet Kohlenstoff langfristig
Pflanzenkohle ist ein besonders wirksames Mittel, um Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen, da sie Kohlenstoff über Jahrhunderte im Boden fixieren kann. Im Gegensatz zu organischer Substanz, die schnell verrottet und CO₂ freisetzt, bleibt der Kohlenstoff in der stabilen Struktur der Pflanzenkohle gebunden – und damit dauerhaft dem Kohlenstoffkreislauf entzogen. Pro Tonne Pflanzenkohle können etwa 2,68 Tonnen CO₂-Äquivalent gespeichert werden.
In Sambia und Tansania arbeitet Solidaridad mit Planboo, einem Anbieter von durch Pflanzenkohle-basierter Kohlenstoffspeicherung, zusammen. Gemeinsam unterstützen wir Kleinbäuer*innen dabei, Pflanzenkohle herzustellen, CO₂-Zertifikate zu generieren und diese am freiwilligen Kohlenstoffmarkt zu vermarkten.
„Durch unsere Partnerschaft mit Planboo, Kvuno und dem Cotton Development Trust in Sambia vermitteln wir Kleinbäuer*innen praxisnahe Fähigkeiten zur Nutzung von Pflanzenkohle“, so Shungu Kanyemba, Geschäftsführer von Solidaridad Südliches Afrika. „Gemeinsam arbeiten wir an einer Zukunft, in der Pflanzenkohle sowohl dem Lebensunterhalt der Kleinbäuer*innen als auch der Umwelt zugutekommt.”
Diese Partnerschaft in Sambia startete mit einem Pilotprojekt, in Rahmen dessen 120 Kleinbäuer*innen lernten, Pflanzenkohle herzustellen, sie fachgerecht als Bodenverbesserer einzusetzen, ihren Beitrag zur CO₂-Speicherung zu verstehen – und über Kohlenstoffgutschriften aufgeklärt wurden. Gemeinsam planen wir, auf diese Weise in den nächsten fünf Jahren mit bis zu 100.000 Kleinbäuer*innen zusammenzuarbeiten.
2. Aus Abfall entsteht Mehrwert: Pflanzenkohle als Kompost-Booster
Jede*r Hobbygärtner*in weiß: Beim Anbau von Pflanzen fallen früher oder später große Mengen an organischen Reststoffen an. Bei den Farmer*innen von denen wir hier sprechen handelt es sich dabei vor allem um Abfälle wie Maiskolben, Kaffeeschalen, Reishülsen, Zuckerrohrbagasse, Holzschnitzel oder Baumschnitt. Diese Biomasse ist die ideale Grundlage für die Herstellung von Pflanzenkohle.
Ein Teil der Erntereste kann als nährstoffreicher Kompost dienen, ein anderer Teil wird zur Pflanzenkohle verarbeitet. Deren poröse Struktur beschleunigt den Kompostierungsprozess, verbessert die Durchlüftung des Bodens, speichert Wasser und fördert das Bodenleben – ein echter Booster für gesunde Böden.
3. Feuerfeste Farmen: Pflanzenkohle reduziert Waldbrandgefahr
In einer Welt mit immer häufigeren Dürren können herumliegendes Geäst oder Ernteabfälle schnell zu einem Waldbrand führen. Schätzungen zufolge fallen bei den Hauptanbauprodukten Ostafrikas jährlich circa 130 Tonnen Ernterückstände an, von denen 30-60 Tonnen nicht verwertet werden. Die einfachste und günstigste Art, diese Rückstände zu beseitigen, ist das Verbrennen – vor allem in ostafrikanischen Ländern eine verbreitete Praxis. Leider kann die Verbrennung von Holzrückständen unter freiem Himmel zu weiteren Treibhausgasemissionen beitragen und zerstörerische Waldbrände auslösen.
Welche Vorteile das kontrollierte Verbrennen der Ernterückstände hingegen hat, liegt auf der Hand: Die Menge des brennbaren Materials wird drastisch reduziert. Und: Beim Pyrolyseprozess, der im Fall der Produktion von Pflanzenkohle genutzt wird, wird nicht nur weniger Kohlendioxid und Methan ausgestoßen, die entstandene Pflanzenkohle speichert zudem langfristig Kohlenstoff. Kohlenstoffreiche Böden können die Feuchtigkeit besser speichern, was den Landwirt*innen hilft, Dürren und Überschwemmungen besser zu überstehen und was wiederum die Ausbreitung von Bränden verringert.
4. Öko-Beton: Mit Pflanzenkohle nachhaltige Infrastruktur bauen
Neben der Verbesserung der Bodenqualität kann Pflanzenkohle auch auf dem Bau eingesetzt werden – insbesondere als Bestandteil von umweltfreundlichem Beton. Die Herstellung von herkömmlichem Zement ist mit hohen CO₂-Emissionen verbunden. Schätzungen zufolge verursacht die Produktion von Zement und Beton etwa 6-8 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen. Pflanzenkohle könnte einen echten Unterschied machen.
Wird Pflanzenkohle Zement beigemischt, reduziert sich der CO₂-Fußabdruck und gleichzeitig wird der Zement stabiler und haltbarer. Sie kann außerdem helfen, Feuchtigkeit zu regulieren und die Wärmedämmung zu optimieren. Dies ermöglicht es, landwirtschaftliche Abfälle sinnvoll zu nutzen, langfristig Kohlenstoff zu speichern und gleichzeitig nachhaltige Baustoffe für die Zukunft zu schaffen.
5. Wirtschaftliche Vorteile für Kleinbäuer*innen: Pflanzenkohle zur Einkommenssteigerung
Darüber hinaus, und das ist für Solidaridad einer der wichtigsten Aspekte, kann Pflanzenkohle das Einkommen der Landwirt*innen steigern, da ihr Einsatz zu einer verbesserten Ernte führt und die Betriebskosten senkt.
„Wir beobachten, dass Baumwollbäuer*innen durch den Einsatz von Pflanzenkohle mehr Wasser in ihren Böden speichern, was zu einer verbesserten Produktivität und Qualität und dadurch zu einer höheren Rentabilität führt. Gleichzeitig verringert sich der Bedarf an chemischem Dünger und die Bewässerungskosten sinken. Langfristig steigert dies die wirtschaftliche Ertragskraft pro Hektar, macht den Baumwollanbau widerstandsfähiger und kosteneffizienter – insbesondere in Regionen, die unter Bodendegradation und Wasserknappheit leiden.“
Humphrey Nxumalo, Projektleitung Südliches Afrika
Die Herstellung von Pflanzenkohle stellt zudem eine unternehmerische Chance für Kleinbäuer*innen, Frauen und junge Menschen in ländlichen Gemeinden dar: Sie können entweder mit CO₂-Zertifikaten zusätzliches Einkommen generieren, oder indem sie andere Kleinbäuer*innen in der Herstellung und Anwendung von Pflanzenkohle schulen, oder indem sie Dienstleistungsunternehmen in diesem Bereich gründen.
Potenziale für Kleinbäuer*innen nutzen
Die Vorteile von Pflanzenkohle überzeugen auf voller Linie – sei es, um landwirtschaftliche Abfälle wiederzuverwerten, die Bodenqualität und das Einkommen zu verbessern oder den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken. In all unseren Pflanzenkohle-Projekten fördern wir nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken und setzen uns für politische Rahmenbedingungen ein, die Pflanzenkohle-Projekte fördern.
Solidaridad arbeitet derzeit an der Umsetzung von Pflanzenkohle-Projekten in verschiedensten Wertschöpfungsketten innerhalb dieser sieben Länder:
- Baumwolle in Sambia
- Kaffee in Tansania
- Palmöl, Kaffee und Tee in Uganda
- Baumwolle in Äthiopien
- Kaffee in Nicaragua
- Baumwolle in Indien
- Kakao in Ghana
Mehr Informationen über die Zusammenarbeit mit Solidaridad gibt’s auf unserer Partnerschaftsseite.