EUDR IN GEFAHR: RAT KANN SIE NOCH RETTEN

Am 2. Oktober hat die Europäische Kommission eine Verschiebung der Verordnung zu Entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) um ein Jahr vorgeschlagen. Solidaridad hat das auf Grund der unvollständigen FAQs und Leitfäden sowie der mangelhaften Unterstützung für die betroffenen Regionen zähneknirschend akzeptiert, jedoch ausdrücklich davor gewarnt, dass eine verlängerte Einführungsphase keinesfalls zu einem Neustart der EUDR-Debatte führen dürfe – leider kam es anders.

Abholzungsfreie Lieferketten, Moyobamba, San Martin, Tarapoto, Peru

Nun, einen Monat später, steht nicht nur der Zeitplan, sondern auch der Inhalt der EUDR zur Disposition. Die Änderungsvorschläge lassen kaum Raum für Interpretationen: Sie sind ein unverhohlener Versuch, die Auswirkungen der Gesetzgebung auf europäische Unternehmen zu entschärfen. Dass bekannte Konzerne wie Carrefour, ETG, Ferrero, Mars, Michelin, Nestlé, Tony’s Chocolonely und Unilever die EUDR in ihrer jetzigen Form nachdrücklich unterstützen, hat offenbar keinen Einfluss auf die Stimmung im Parlament. Stattdessen dienen die Änderungen einer Minderheit von Unternehmen, die bisher unzureichend auf die neuen Regelungen vorbereitet sind.

Diese vorgeschlagenen Änderungen stellen nicht nur einen Versuch dar, die EUDR auszuhöhlen; noch problematischer ist: Mit diesen Änderungen öffnet das Parlament Tür und Tor für weitere Debatten und Verhandlungen im Trilog. Diese wiederum könnten die ursprünglichen Ambitionen der EUDR noch weiter untergraben und ihr das so wichtige Momentum nehmen.


‘Business as usual’ ist langfristig keine Option

Die EUDR ist ein bedeutender Meilenstein der früheren Europäischen Kommission auf ihrem Weg zu entwaldungsfreien Lieferketten und damit mehr Klimaschutz. Mit diesem Gesetz hat die EU einen ersten Schritt hin zu starken Sorgfaltspflichtenregelungen gemacht, die das weltweite Wirtschaften grundlegend verändern könnten. Bei konsequenter Umsetzung hat die EUDR das Potenzial, unsere Partnerländer weltweit dabei zu unterstützen, ihre Anstrengungen zur Eindämmung der Umweltzerstörung zu intensivieren.

Die EUDR im Interesse einer ‘Business as usual’-Mentalität einiger Unternehmen deutlich auszuhöhlen, käme einem Eigentor gleich. Die fortschreitende Klimakrise macht Veränderungen im Wirtschaftsmodell großer Unternehmen unabdingbar – je früher wir es angehen, umso besser. Was es jetzt braucht, ist Solidarität mit den Produktionsländern und den betroffenen Menschen – insbesondere mit den Kleinbäuer*innen – weltweit.


So kann die EUDR noch gerettet werden

Die heute vom Europäischen Parlament akzeptierten Änderungen werden dazu führen, dass die Europäische Kommission nun erneut einen Trilog-Prozess einberufen muss. Was bedeutet, dass sich das Parlament und der Rat auf einen neue Version einigen müssen. Das sollte zügig geschehen – es hat Jahre gedauert, die EUDR zu verabschieden; wir haben keine Zeit, noch länger zu warten.

Während wir hoffen, dass die Mitglieder des Parlaments letztlich der ursprünglichen Vision der EUDR zustimmen, richten wir unsere Aufmerksamkeit jetzt auf den Rat. Die darin vertretenen Mitgliedstaaten der EU tragen die Verantwortung, im Interesse ihrer Bürger*innen ein wirksames Gesetz zu verabschieden, welches eine langfristige Vision für die Zukunft verfolgt – eine Zukunft, in der Wohlstand und Natur gleichermaßen gedeihen können. 

Wir hoffen, dass die Mitgliedstaaten Europas eine starke und wirkungsvolle EUDR unterstützen, indem sie die Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess gemeinsam mit der Kommission nutzen, um eine substanzielle Strategie zu entwickeln. Diese sollte darauf abzielen, die komplexen Risiken zu mindern, denen Kleinbäuer*innen in den Erzeugerländern ausgesetzt sind – anstatt Zeit und Energie darauf zu verwenden, gemeinsam mit Unternehmen die Rechtsvorschriften zu verwässern.

Wir fordern die Europäische Kommission dazu auf, ihre Version der EUDR zu verteidigen. Wir hoffen, dass Präsidentin Von der Leyen gemeinsam mit ihren Teams das Parlament und den Rat davon überzeugen kann, hinter diesem absolut entscheidenden Gesetzeswerk zu stehen.