ENTWALDUNGSVERORDNUNG (EUDR): IM REGIONALEN DIALOG MIT KLEINBÄUER*INNEN

Mit Hilfe von Regionaldialogen will Solidaridad die Kleinerzeuger*innen in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay der Europäischen Entwaldungsverordnung (EUDR) näherbringen. Damit stellt sich Solidaridad der Herausforderung, Kleinbäuer*innen in die Diskussion um die EUDR einzubeziehen und sich für ihre Interessen stark zu machen.

Ziegenherde läuft über entwaldete Wiese im Amazonas

Anwendung der EUDR auf Soja- und Viehzucht

Um das Wissen über die Europäischen Entwaldungsverordnung (EUDR) unter den Kleinbäuer*innen zu verbreiten und gemeinsam mögliche Lösungen zur Umsetzung zu erarbeiten, hat Solidaridad gemeinsam mit der GIZ die sogenannten “Inclusive Regional Dialogues on the EUDR initiative” initiiert. Diese Initiative, die bis Mai 2026 laufen soll, konzentriert sich auf die Soja- und Viehzucht in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay und wird finanziell von der Europäischen Union und den Regierungen Deutschlands und der Niederlande unterstützt.

Solidaridad wird in jedem der vier Länder nationale Dialoge und Workshops organisieren, um über Themen wie Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit in beiden Wertschöpfungsketten zu diskutieren, wobei ein besonderer Fokus auf die Bedürfnisse der Kleinbäuer*innen gelegt wird. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis für deren Bedürfnisse und Herausforderungen zu entwickeln. Die Ergebnisse der einzelnen Länderdialoge werden anschließend in regionalen Treffen ausgewertet und weiterverarbeitet.

Im Rahmen des Projekts kooperiert Solidaridad mit Organisationen wie Proforest und Tropical Forest Alliance, die ihre Expertise in der Umsetzung von Multi-Stakeholder-Dialogen zur Anpassung an solche Vorschriften einbringen. In den vier beteiligten Ländern sind jährlich mehr als 20 Treffen geplant, die persönlich, virtuell oder in hybrider Form stattfinden. Speziell in Brasilien sollen jährlich acht virtuelle Sitzungen und bis zu zwei persönliche Treffen organisiert werden.

In den letzten zwei Jahren hat die EU strengere Vorschriften entwickelt, die Unternehmen verpflichten, Nachhaltigkeitsaspekte stärker zu berücksichtigen. Diese Verordnungen haben direkte Auswirkungen auf Kleinere und mittlere Unternehmen (KMUs), Landwirt*innen und Arbeiter*innen in den Ländern, in denen wir als Solidaridad aktiv sind. Das betrifft auch und vor allem gefährdete Ökozonen / Biome in Brasilien, wie die tropische Savanne Cerrado, den Amazonas und den Gran Chaco.

Die EUDR, eine dieser strengen Vorschriften, tritt am 30. Dezember 2024 in Kraft und zielt darauf ab, die Entwaldung in den verbliebenen Wäldern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens zu verringern. Unternehmen und andere Interessengruppen in Europa sowie den Erzeugerländern müssen sich daher schnellstmöglich darauf vorbereiten, die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. „Die größte Herausforderung besteht darin, kleine Erzeuger*innen in die Diskussion über die EUDR, ihre potenziellen Auswirkungen auf den Markt und die Anpassungsmöglichkeiten einzubeziehen. Unser Hauptanliegen ist es, angesichts dieser neuen Gesetzgebung einen fairen und inklusiven Prozess zu begleiten und eine weitere Ausgrenzung von Kleinerzeugern zu vermeiden“, sagt Rodrigo Castro, Country Manager von Solidaridad Brasilien und Leiter der Initiative.

Sojapflanzen wachsen auf einem Feld in Brasilien
Solidaridad fördert in Brasilien den nachhaltigen Soja-Anbau. Foto: Solidaridad Brasilien

Die Entwaldungsverordnung und der Schutz von Ökosystemen

Die EUDR betrifft mehrere Produkte, die mit der Verdrängung von Regenwald in Verbindung gebracht werden, darunter Kakao, Kaffee, Palmöl, Gummi, Sojabohnen, Rindfleisch, Holz und deren Derivate. Mit Hilfe verschiedener Kriterien will die EU sicherstellen, dass ihre Produktion nicht zur Abholzung von Wäldern beiträgt – ein entscheidender Faktor für die Förderung verantwortungsvoller Produktionspraktiken, die den Schutz der globalen Ökosysteme unterstützen.

“In unseren Projekten in den verschiedenen landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten in Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay arbeiten wir auf unterschiedlichsten Ebenen daran, eine entwaldungsfreie Landwirtschaft zu fördern und sicherzustellen, dass die Produktion den jeweiligen Umwelt- und Sozialvorschriften jedes Landes entspricht“, betont Rodrigo Castro.

Um den Anforderungen der EUDR gerecht zu werden, identifiziert er zwei wesentliche Punkte: eine entwaldungsfreie Produktion und die Einhaltung der nationalen Gesetzgebung. Im Falle Brasiliens muss die Lebensmittelproduktion dem brasilianischen Código Florestal entsprechen und die Arbeitsgesetze einhalten. “Für Solidaridad hat es oberste Priorität, Landwirt*innen und Arbeiter*innen dabei zu unterstützen, diese Veränderungen zu verstehen und sich daran anzupassen”, kommentiert er.

Rodrigo Castro weist ebenfalls darauf hin, dass die Akteur*innen beider Sektoren – Soja und Viehzucht – besorgt sind über die möglichen Auswirkungen der Entwaldunsgrichtlinie auf ihre Exporte in europäische Länder. Er berichtet, dass bereits einige Akteur*innen der Soja-Wertschöpfungskette bereits verschiedene Export-Pilotprojekte in die EU durchführen würden, um die Konformität mit der EUDR zu testen. Gleichzeitig investiere der Viehzuchtsektor in Rückverfolgbarkeitssysteme, um nachzuweisen, dass dieses entwaldungsfrei ist und den brasilianischen Umweltgesetzen entspricht.

„Diese neue Initiative ermöglicht es uns, die Perspektiven aller Akteur*innen im brasilianischen Viehzuchtsektor zu sammeln und zu systematisieren, um dann unsere Botschaft über unsere Aktivitäten zu vermitteln. Auf diese Weise können wir die Fleischexporte nach Europa aufrechterhalten und die wichtigsten Herausforderungen für die Umsetzung der Verordnung für brasilianische Produzent*innen, insbesondere für kleine Betriebe, besser verstehen“, erklärt Paulo Lima, Programmleiter für das Amazonas-Programm von Solidaridad Brasilien.

Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette

Damit Waren in die EU eingeführt werden können, müssen sie einer Sorgfaltsprüfung des Importeurs unterzogen werden. Der Importeur muss ein Dokument vorlegen, das beweist, dass die Produkte nicht zur Entwaldung beigetragen haben und die Umwelt- und Sozialgesetze des Herkunftslandes eingehalten wurden. Dieses Dokument garantiert, dass die Produkte alle erforderlichen rechtlichen und ökologischen Kriterien erfüllen. Darüber hinaus müssen muss die Sorgfaltserklärung Informationen zur Geolokalisierung der Erzeuger*innen erhalten und einer Risikobewertung in Bezug auf die Abholzung und die Einhaltung der nationalen Normen.

Der Gran Chaco, der zweitgrößte Wald Südamerikas, ist besonders von Abholzung bedroht.
Die EU verpflichtet Unternehmen, Nachhaltigkeitsaspekte in ihren Wertschöpfungsketten zu berücksichtigen, und versucht, besonders gefährdete Regionen wie den Gran Chaco zu schützen. Foto: Solidaridad

Rückverfolgbarkeit lautet das Stichwort. Die EUDR schreibt vor, dass Marktteilnehmer jeden relevanten Rohstoff bis zu seinem Grundstück zurückverfolgen müssen, bevor sie diesen auf den Markt bringen. Dieses System soll dazu beitragen, dass konforme und nicht-konformen Produkte nicht vermischt werden und soll das Vertrauen der Verbraucher*innen in Europa stärken. Für landwirtschaftliche Betriebe mit einer Fläche von mehr als vier Hektar schreibt die Verordnung außerdem die Erfassung der Betriebsgrenzen in Form von Polygonen vor.

„Um die Gesetze einzuhalten, müssen Unternehmen all ihre Produktionsabläufe mit den bestehenden Vorschriften in Einklang bringen“, betont Rodrigo Castro. Gar nicht so einfach, denn die EUDR erwähnt auch Landnutzungsrechte, Umweltschutz, Arbeitsrechte und die Rechte Dritter. Die Gesetzgebung unterstreicht auch den Schutz der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen – die sollen frühzeitig, frei und informiert über die Landnutzung entscheiden können, um sicherzustellen, dass ihre Territorien und Rechte respektiert werden.

Regionale Dialoge als Teil des Projekts “Sustainable Agriculture for Forest Ecosystems” der GIZ 

Die “Inclusive Regional Dialogues on the EUDR initiative” ist Teil des GIZ-Projekts „Sustainable Agriculture for Forest Ecosystems (SAFE)”, das zu einer Transformation hin zu entwaldungsfreien, nachhaltigen und legalen Produktionsketten für verschiedene Rohstoffe wie Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz beitragen soll. SAFE setzt auf den Dreiklang: „Landwirt*innen, Lebensmittel und Wälder“. Das Projekt strebt eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion an, will die Lebensbedingungen von Kleinbäuer*innen verbessern und gleichzeitig von Entwaldung bedrohte Wälder schützen.

Das Projekt wird in zehn Ländern implementiert. Es bietet technische Unterstützung, um Kapazitäten und Rückverfolgbarkeitssysteme auszubauen, verlässliche und stabile Partnerschaften zu etablieren und einen Austausch zwischen verschiedenen Akteur*innen zu fördern.

SAFE wird von der Europäischen Union, dem niederländischen Außenministerium und dem deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kofinanziert und von der GIZ umgesetzt. Darüber hinaus beherbergt es das Sekretariat des neuen Team Europe Initiative on Deforestation-free Value Chains”.